Was ist EMS eigentlich?
Das Equine Metabolische Syndrom ist eine Erkrankung des endokrinen Systems bei der es zu einer reduzierten Insulinsensitivität kommt. Eine häufig beobachtete Spätfolge ist zum Beispiel die Hufrehe (AHLERS 2010).
Insulin ist das Hormon der Bauchspeicheldrüse, welches für den Transport von Glukose in die Zellen zuständig ist. Bei einem Diabetes Typ 1 wird in der Bauchspeicheldrüse kein Insulin produziert. Diese sogenannte Pankreasinsuffizienz kann sowohl angeboren als auch erworben sein (beim Menschen häufig durch übermäßigen Alkoholkonsum, Pankreatitis o.ä.). Diabetes Typ 2 hingegen zeichnet sich durch eine verminderte oder gar ganz ausbleibende Sensitivität der Insulinrezeptoren an den Zellen auf Insulin aus. Die Zellen können somit keine Glukose aufnehmen. Das Risiko an eine Insulinresistenz zu entwickeln steigt mit dem Körperfettanteil, denn Fett ist ein hormonell aktives Organ. Es werden u.a. Entzündungsmediatoren produziert, die Stoffwechselprozesse in der Leber, dem Muskel und der Bauspeicheldrüse beeinflussen. Dabei spielt auch die Fettlokalisation eine entscheidende Rolle. Während beim Menschen das gefährlichste Fett wohl das Bauchfett ist, sieht man beim Pferd die größte Gefahr eher im „Cresty neck“, also dem fetten Nacken (wie er häufig beim an Morbus Cushing erkrankten Pferden zu finden ist).
Das Equine Metabolische Syndrom beschreibt also im Endeffekt die „krankhafte Verfettung“ eines Pferdes mit Folge einer Insulinresistenz. Obwohl sich dies grundsätzlich bei jedem Pferd entwickeln kann, besteht eine gewisse genetische Disposition bei Rassen, die weniger Kalorien benötigen, um ihr Körpergewicht zu halten. Zu den sog. „Easy keepers“ gehören unter anderem Morgan Horses, Paso Finos, Araber, Saddlebreds, Quater Horses, Tinker und Tennesse Walking Horses. Auch Ponys erkranken häufiger als „klassische“ Warmblüter.
Die häufigste Komplikation eines EMS ist die Hufrehe, ausgelöst durch den erhöhten Blutzuckergehalt. Aber das EMS birgt auch andere Gefahren wie die hepatische Lipidose (eine akute Leberverfettung, ausgelöst durch plötzlichen Energiemangel bei übergewichtigen Tieren).
Wie kann ich EMS vorbeugen?
Obwohl u.a. auch Morbus Cushing als Ursache für EMS gilt, liegt die Hauptursache in der Überfütterung bei chronischem Bewegungsmangel. Die Kraftfutterration ist hier der häufigste und entscheidende Faktor, denn bei metabolisch effizienten Rassen mit wenig Bewegung ist die Fütterung von größeren Mengen Getreide (o.a. Kraftfutter) in der Regel nicht notwendig. Die Pferde erhalten somit über die Fütterung mehr Energie (besonders in Form von Stärke und Zucker) als sie verbrauchen. Die Folge ist identisch wie beim Menschen – Gewichtszunahme. Eine solche Überfütterung fördert Adipositas und Insulinresistenz.
Gerade im Herbst-Winter ist ein Energieüberfluss schnell erreicht. Bei Wildpferden tritt eine physiologische Gewichtsreduktion im Winter ein, was eine natürliche Korrektur von Obesitas darstellt. Dies wird aber in menschlicher Obhut durch die konstante Raufutterfütterung in Kombination mit Kraftfutter verhindert, wodurch dann im Frühjahr schnell ein Übergewicht erreicht werden kann. Obwohl eine bedarfsgerechte Heufütterung essentiell ist, sollte hier auf die individuelle benötigte Energie geachtet werden. Um dabei die benötigte Fressdauer zu gewährleisten, eignen sich zum Beispiel Heunetze oder neuartige Raufensysteme, welche die Heuaufnahme verlangsamen und trotzdem eine ganztägige Kautätigkeit fördern.
Bei der Fütterung von Pferden und besonders von Pferden der gefährdeten Rassen, ist also eine bedarfsgerechte Fütterung von entscheidender Bedeutung. Es sollte grundsätzlich auf eine der Leistung angepassten Energiebereitstellung geachtet werden, wobei aber in jedem Falle Mineralien und Vitamine im benötigten Maße gefüttert werden müssen, denn die mitteleuropäischen Böden leiden flächendeckend unter einem Mineralstoffmangel – so kann allein über Raufutter eine bedarfsdeckende Mineralisierung und Vitaminisierung nicht erreicht werden.
Fütterungsempfehlung für das erkrankte Pferd:
Ist ein Pferd an EMS und gegebenenfalls in Folge dessen an Hufrehe erkrankt, muss in jedem Fall als erstes ein Tierarzt zu Rate gezogen werden. Dieser entscheidet über das richtige Vorgehen.
Grundsätzliche Marker liegen jedoch in einer geeigneten Diät und Bewegung (WLASCHITZ 2007). Das Pferd sollte nicht plötzlich deutlich in seiner Kalorienzufuhr gesenkt werden. Dies führt zum einen zu einer möglicherweise lebensgefährlichen Ketoazidose (Stoffwechselübersäuerung durch vermehrte Bildung von Ketonkörpern -> Folge eines schweren Insulinmangels – vgl. Doccheck Flexikon), als auch zu einer gefährlich schnellen Gewichtsreduktion. Die Gefahren einer solchen „Null-Diät“ sind denen beim Menschen ähnlich. Auch die Bewegung sollte gesteigert werden, jedoch in moderatem, langsam ansteigendem Umfang. Kraft und Kondition müssen erst langsam wieder entwickelt werden und auch die Gelenke, Sehnen und Muskeln dürfen nicht überbelastet werden.
Fütterungstechnisch sollte man möglichst die Fütterung größerer Mengen Stärke und Zucker vermeiden. Es empfiehlt sich also ein Futter zu wählen, welches einen moderaten Energiegehalt hat und möglichst getreide- und melassefrei ist.
Weitere Quelle: KUNZE 2012 – Bachelorarbeit „Fettleibigkeit beim Pferd – EMS als Wohlstandskrankheit“
Quellen:
- AHLERS 2010 – Inaugural Dissertation „Referenzbereiche für Insulin, Insulinwachstumsfaktor-1 und Adrenocortitropes Hormon der Ponys“
- WLASCHITZ 2007 – Artikel „Das Equine Metabolische Syndrom“ – Uni Wien
- DocCheck Flexikon – Definition Diabetische Ketoazidose -> Autoren: Dr. Frank Antwerpes, Jeldrik von Ahsen und Maximilian Wolfmeier
- KUNZE 2012 – Bachelorarbeit „Fettleibigkeit beim Pferd – EMS als Wohlstandskrankheit“ – B.Sc. Pferdewissenschaften, Uni Wien